Hallo Manfred!
LockX hat geschrieben:Denn Reibkräfte und Reibmomente wirken - vor allem - auf den Bremsklotz und seine Führung.
Nicht abgefräste Bremskolben sind - in erster Näherung - frei von Querkräften und Drehmomenten.
Das steht wohl beides außer Frage. Der Bremsbelag hat als einziges Element Reibschluss mit der Scheibe und wird in der Führung des Bremssattels fixiert.
LockX hat geschrieben:Bei der Abfräsung geht es wohl um Restkräfte, aufgrund des Spiels der Führung des Bremsklotzes.
Das kann ich mir erst mal nicht vorstellen. Der Bremsbelag hat ein dickes Basisblech, das den auftretenden Druck vom Reibbelag gleichmäßig aufnimmt. Der Reibbelag liegt flächig an der Bremsscheibe an, so dass die Andruckkraft "irgendwo" halbwegs mittig eingeleitet werden könnte.
LockX hat geschrieben:Dieses Spiel muss so groß sein, dass es erwärmungsbedingte Verkleinerung und die Verschmutzung ausgleicht.
Das Spiel des Bremsklotzes ist ganz sicher größer als das Spiel des Bremskolbens in seiner Bohrung.
Die rückseitige Reibung am Bremsklotz würde den Bremskolben gegen die Bohrung ziehen und "verkanten".
Das Verkanten wird wohl ausgeglichen durch ein etwa gleich großes, entgegengesetztes Moment am Kolben.
Bremsbeläge als auch der Führungsschacht im Sattel sind recht grob ausgeführt, sodass der Bremsbelag ein seitliches Spiel von einigen mm hat. Da ist eine dicke Reserve für Schmutz, Rostquellung und thermische Ausdehnung vorhanden. Erst beim Auftreten von Reibkraft legt er sich an die vordere Kante des Führungsschachts an. Bremst man bis zum Stillstand, kehrt sich die Bremskraft durch den Ruck beim Stoppen kurzzeitig um, dabei legt er sich dann an die hintere Kante an. Dabei gleitet er auf dem Zwischenblech bzw. zusammen mit diesem auf der Anlagefläche zum Bremskolben.
Dass der Bremskolben dabei in seiner Führung tatsächlich leicht verkantet, erkennt man an den Verschleißspuren alter Kolbenlaufflächen an zwei gegenüberliegenden, teilumlaufenden, glänzenden Linien.
LockX hat geschrieben:Die Rückstellkraft der Dichtung würde sonst nicht reichen, die Bremse vollständig zu lösen.
Dieses Lösen würde dann erst durch den "Schlag" der Bremsscheibe und daher verzögert erfolgen.
Die Rückstellkraft der Dichtung löst nicht die Bremse, sie bewegt nur den Bremskolben (auch entgegen dem statischen potenziellen Ruhedruck der Bremsflüssigkeit durch den höher liegenden Flüssigkeitsspiegel im Vorratsgefäß) etwas weg von Zwischenblech und Belägen. Das Lösen der Beläge selbst erfolgt durch Schlag der Bremsscheibe aus Lagerspiel etc., denn der Bremskolben kann darauf ja keine Zugkraft ausüben. Durch dieses Lösen geraten Zwischenblech und Bremsbelag wieder in eine undefinierte Lage im Führungsschacht und richten sich erst bei der nächsten Bremsung wieder an der Vorderkante aus. Diese kleine Seitwärtsbewegung könnte meiner Ansicht nach, weil dann wieder Reibschluss zwischen Zwischenblech und Kolben herrscht, zu einer Drehung des Kolbens führen, wenn dieser nicht per Zwischenblech in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wäre.
Ich habe meinen LT übrigens einige Jahre ohne wirksames Zwischenblech "bebremst", weil der Vorgänger dieses durch unsachgemäße Montage völlig platt gepresst hatte und es keine "Nasen" mehr hatte. Gemerkt habe ich dabei nichts Negatives.
Bei der nächsten Bremsenrevision habe ich die "Nasen" halt wieder ausgestellt und die Teile richtig montiert, inzwischen habe ich nach einer erneuten Revision auch neue Zwischenbleche drin. Von der Reparatur durch Herumbiegen am Zwischenblech wird abgeraten, weil dieses, abgesehen von den Nasen, perfekt plan sein sollte. Sonst drückt es wie eine weiche Tellerfeder die Beläge immer etwas an die Scheiben, mit entsprechendem Verschleiß und, wichtiger noch, mit entsprechendem Totweg im Bremspedal, bis es plan gedrückt ist.
LockX hat geschrieben:Ich werde den Bremsenhersteller ATE fragen und das Ergebnis hier mitteilen.
Das wird sicher interessant. Ich freue mich schon auf die kompetente Aussage des Bremsenherstellers und danke dir für deine Anstrengungen.
Gruß,
Tiemo